Elise, sprach zur Freundin die Mathilde,
Das sogenannte Glück ist meistens schal.
Wenn ich vom Leben mir ‘ne Meinung bilde,
Find’ ich die Ehe mehr als trivial.
Die Liebe – gut. Ich laß die Liebe gelten.
Man sucht sich Emotionen fürs Gemüt.
Man schätzt sich gegenseitig, weil man selten,
Höchst selten sich und unter andern sieht.
Man schwärmt für Nietzsche, Dehmel, Mai und Rosen,
Auch macht ein Ausflug (so nach Treptow) Spaß,
Man unterhält sich von der namenlosen
Geheimen Sehnsucht – unbestimmt nach was.
Man hat frisiert und aufgeputzt sein Wesen
Und legt ein ew’ges Rätsel ins Gesicht;
Man hat vorher in Büchern nachgelesen,
Was man mit dem geliebten Jüngling spricht.
Er konversiert vom Leben nach dem Tode,
Von Maeterlink und dem “Familientag”;
Und seine Weste zeigt die letzte Mode,
Und hinter ihr ahnt man des Herzens Schlag.
Und denk’ ich mir die Hochzeit und so weiter,
So Tag und Nacht und alles so im Haus,
Dann zieht die Seele ihre Sonntagskleider
Und auch der Leib zieht manches Schmuckstück aus.
Denn die Alltäglichkeit ist voller Roheit
Und die Enttäuschung bleibt der Träume Schluß;
Ein Weib verliert den Reiz, ein Mann die Hoheit,
Wenn er die Hühneraugen schneiden muß.
Mit dem, was Schwärmerherzen sich erharren,
Hält auch die Wirklichkeit nur selten Schritt;
Ich hatt’ ‘nen Onkel, der an Darmkatarrhen
In Capri auf der Hochzeitsreise litt.
Mein Artur – Gott, was soll ich weiter sagen,
Gleicht er nicht Wedekinds Marquis von Keith?
Sein grüner Schlips, sein hoher Doppelkragen
Scheint mir ein Teil von der Persönlichkeit.
Wenn ich im Traum sein männlich Bild mir knipse,
Als Amateurin – ob du Worte hast!
Ich seh’ ihn stets mit diesem grünen Schlipse,
Der wundervoll zu seinen Augen paßt.
Doch denk’ ich weiter – nach dem Hochzeitsfeste –
Am Abend – spät – nach Reden, Sekt und Schmaus
Zieht er die wundervoll karrierte Weste
Und zieht (auch seelisch) sonst noch manches aus.
Je mehr ich in den Anblick mich versenke,
Durchzittert meine Seele Furcht und Hohn –
Wenn ich mir Artur ohne Kragen denke,
Zerfließt sofort die ganze Illusion.
Rudolf Presber | 1868 – 1935